06.10.2010

Eine neue Sachlichkeit

von Coloniacs in Nachrichten, ProFans


Am vergangenen Mittwoch luden wir gemeinsam mit Amnesty International zu der Informationsveranstaltung »Das Spannungsfeld zwischen Fußballfans und Polizei« in den Treffer hinter der Müngersdorfer Nordkurve. Referent im mit knapp 100 Personen sehr gut gefüllten Treffer war Alexander Bosch, Sprecher der Themenkoordinationsgruppe Polizei und Menschenrechte von Amnesty.

Im Vortrag stellte Alexander Bosch, selbst Fußballfan, die Arbeit der Themenkoordinationsgruppe vor, machte uns mit den Ergebnissen ihrer Arbeit und dem daraus resultierenden Bericht »Täter unbekannt – Mangelnde Aufklärung von mutmaßlichen Misshandlungen durch die Polizei in Deutschland« vertraut, und skizzierte ihre Forderungen gegenüber der Polizei:

*Erkennbarkeit durch individuelle Kennzeichnung
*Aufklärung durch unabhängige Untersuchung
*Schutz durch Dokumentation
*Prävention durch Bildung

Im Anschluss hatten die anwesenden Fußballfans die Möglichkeit, Fragen zu stellen und sich mit Alexander Bosch über ihre Erfahrungen mit der Polizei auszutauschen. Der Abend zeigte erneut, dass nicht nur Fans aus Köln bereits schlechte Erfahrungen mit der Polizei gemacht haben – auch Fans aus den Fanszenen des FC St. Pauli und der Borussia aus Dortmund konnten wir an dem Abend im Treffer begrüßen. Im Hinblick auf die Fandemonstration am kommenden Samstag ein schönes Zeichen, das zeigt, dass Fußballfans unabhängig von der Vereinszugehörigkeit Werte und Ansichten teilen, und gemeinsam mehr erreichen können, als alleine.

Besonders positiv sehen wir auch, dass sich Offizielle des 1. FC Köln den Vortrag anhörten, und den Abend als gelungen empfanden. »Ich fand bemerkenswert und gut, dass durchaus auch selbstkritische Themen aufgemacht worden sind, und man sein eigenes Handeln hinterfragt: Muss ich mich immer provozieren lassen oder mache ich besser im Nachhinein darauf aufmerksam? Wenn das umgesetzt werden könnte, kämen wir alle einen Schritt weiter«, sagte Reiner Mendel, Fanbeauftragter des 1. FC Köln im Anschluss an die Veranstaltung und schloss sich auch den Forderungen vom Amnesty International an: »Es sind Forderungen dabei wie beispielsweise die Kennzeichnungspflicht, die sicherlich sinnvoll sind. Da stehe ich auch hundertprozentig hinter. Das macht es für alle Beteiligten in letzter Konsequenz einfacher. Das würde sicherlich zu einer Entspannung und zu einem größeren Vertrauen – auch von Fußballfans – beitragen. Dass es von beiden Seiten Fehlverhalten gibt, ist unbestritten. Daran gilt es zu arbeiten.«

Der Abend mit Amnesty International werten wir als Erfolg – gerade auch dadurch, einen neuen Blickwinkel auf das schwierige Verhältnis von Fußballfans und Polizei erhalten zu haben. Gerade auch der vertiefende Einblick in die Polizei konnte dazu beitragen, die Gegenseite etwas mehr zu verstehen, auch wenn dies Fehlverhalten von Polizeibeamten im Umgang mit Fußballfans sicher nicht entschuldigt. Missstände innerhalb der Polizei, Korpsdenken und unbehelligte Gewalt aus einer anonymen Gruppe heraus müssen ein Ende finden.

Auf der anderen Seite gilt es aber auch sich klar zu machen, dass dem Fehlverhalten der Polizei nicht nur durch stupides ACAB-Gebrülle und Gegengewalt zu begegnen ist. Vielmehr liegt es auch an uns Fußballfans eine neue Sachlichkeit an den Tag zu legen, und konkrete politische Forderungen zu unterstützen, wie sie beispielsweise Amnesty International vorlegt.

Bedanken möchten wir uns für den Abend bei Alexander Bosch, der Themenkoordinationsgruppe Polizei und Menschenrechte, dem sozialpädagogischen Fanprojekt Köln für die finanzielle Unterstützung bei der Durchführung, dem Fanprojekt 1. FC Köln für das Zurverfügungstellen des Treffers und bei allen Besuchern der Veranstaltung.

Info: Webseite der Kampagne
Link: Artikel im Kampagnen-Blog
Link: Stadionwelt-Interview mit Alexander Bosch

Fotos vom Abend: