Warum es diesmal anders ist.
Nachdem der Bundesgerichtshof in Karlsruhe vor ziemlich genau zwei Jahren dem 1. FC Köln eine Regressforderung gegen einen Zuschauer zubilligte, fordern die Verantwortlichen des 1. FC Köln nunmehr von zwei weiteren Fans Regress in Höhe von insgesamt 14.000 Euro.
Nun mag man über Sinn und Unsinn von Regressforderungen, die Fußballvereine im Profifußball gegen ihre Fans aufgrund von DFB Verbandsstrafen geltend machen, durchaus geteilter Meinung sein (Link). Am Ende steht das Urteil des obersten Zivilgerichts jedoch fest, wonach der 1. FC Köln einen Fan in Regress nehmen durfte, der beim Spiel gegen den SC Paderborn im Jahr 2014 einen Böller in den Unterrang der Nordkurve warf und dadurch sieben Personen verletzte.
Dieses Mal hingegen fordern die Verantwortlichen 14.000 Euro für den Bannerklau der Scenario Fanatico Fahne in der Halbzeitpause des Derbys Anfang des Jahres. Anders als bei dem Böllerwurf wurde damit jedoch weder der Spielbetrieb gestört noch wurden andere Zuschauer verletzt. Beim Böllerwurf-Fall führte der BGH damals aus, dass jeden Zuschauer eine Verhaltenspflicht trifft, den Spielbetrieb nicht zu stören. Verstößt ein Zuschauer gegen diese Pflicht – durch das Zünden und den Wurf eines Knallkörpers als Beispiel – hat er für die daraus folgenden Schäden zu haften. Eine Störung des Spielbetriebs oder gar eine Gefährdung anderer Zuschauer lag bei dem Bannerklau während des Derbys aber gerade nicht vor.
Es ist Aufgabe und Pflicht des Vorstands, Schäden vom Verein abzuwenden. Dazu gehört womöglich sogar die Geltendmachung von etwaig bestehenden Regressforderungen in ähnlichen Fällen, auch wenn diese zweifelsfrei in astronomischer Höhe ausgesprochen werden und sich dadurch existenzbedrohend auf die belasteten Personen auswirken können.
Dass der gegenwärtige Fall jedoch deutliche Unterschiede zu dem vom BGH entschiedenen Böllerwurf-Fall aufweist, scheint indes auch den Verantwortlichen des 1. FC Köln durchaus bewusst zu sein. Anders lässt sich zumindest nicht erklären, wieso damals bereits neun Tage nach dem Urteil des DFB Sportgerichts die Regressforderung gegen den betroffenen Zuschauer gestellt wurden. In diesem Fall aber wurden die Verantwortlichen erst über ein halbes Jahr nach Erlass der Strafe durch das DFB Sportgericht tätig, auch wenn die vermeintlichen Täter schon länger identifiziert waren.
Aufgabe und Pflicht des Vorstands ist es, Schäden vom Verein abzuwenden. Der Bannerklau lässt sich hingegen gerade nicht mit dem vom BGH geschaffenen Präzedenzfall vergleichen. Somit lässt sich über Sinn und Unsinn der aktuellen Regressforderungen nur spekulieren.
Ein Schelm, wer jedoch denkt, dass diese Regressforderung öffentlichkeitswirksam zu einem Zeitpunkt gestellt wird, in dem die Mitgliederversammlung unmittelbar bevorsteht und der Vorstand mehr denn je in der Kritik steht.
Nicht zuletzt beim Mitgliederstammtisch am vergangenen Dienstag wurde sichtbar, dass die Kritik am aktuellen Vorstand von einem breiteren Spektrum FC Fans geübt wird, als es sich der Vorstand eingestehen will.
Toni Schumacher bezeichnete den Abstieg im Nachgang der vergangenen Saison als einen Unfall. In Bezug auf die aufkommenden Rücktrittsforderungen zog der Vorstand beim Mitgliederstammtisch den Vergleich zur Fahrerflucht bei Verkehrsunfällen, bei welcher sich der Verursacher nicht unerlaubt vom Unfallort entfernen darf. Er sieht sich selbst damit folgerichtig als einer der Verursacher dieses Abstiegs und der verkorksten vergangenen Saison, die den Verein mehrere Millionen kosten dürfte. Alleine rund drei Millionen Euro wurden für die Abfindung von Sportdirektor Schmadtke fällig. Aufgabe und Pflicht des Vorstands ist es, Schäden vom Verein abzuwenden.
Lieber Vorstand, keine Sorge! Wir werden Euch für den Abstieg nicht in Regress nehmen. Kommt Eurer Aufgabe nach und wendet weitere Schäden vom Verein ab. Die Geltendmachung von Regressforderungen für Geschehnisse, die offensichtlich nicht vergleichbar mit dem vom BGH geschaffenen Präzedenzfall sind, sondern lediglich der öffentlichkeitswirksamen Ablenkung der eigenen Fehler dienen, gehört jedoch nicht dazu.
Tretet endlich ab. Entfernt Euch vom Unfallort. Gebt selbst Eure Fahrerlaubnis ab, bevor Euch die Fahrerlaubnis wie bei Unfällen dieser Größenordnung üblich entzogen wird. Ihr sitzt schon wieder mit geschlossenen Augen am Steuer und fahrt auf gut Glück. Vorstand raus!
Coloniacs im September 2018